Prostitution ist Sklavenhandel

SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier aus dem Vorstand des Vereins SISTERS war zu Gast beim „Reutlinger Bündnis Nordisches Modell“ – Vorstellung des Films „Freier Willen“ über die Zustände in der deutschen Prostitution.

 

Foto: Nobert Leister - Gäste waren auch Vertreterinnen von Soroptimist International, die das Bündnis mit unterstützen.

Prostitution ist Sklavenhandel

Reutlingen, 26.10.2022  „Die zumeist sehr jungen Frauen aus Osteuropa und vom Balkan entscheiden sich nicht freiwillig dafür, sich von bis zu 20 Männern pro Tag penetrieren zu lassen“, sagte Sandra Norak in einem Film von Leni Breymaier am Mittwochabend, 26. Oktober, in der Reutlinger Citykirche. Die SPD-Bundestagspolitikerin Breymaier war auf Einladung des „Reutlinger Bündnisses Nordisches Modell“ in die Achalmstadt gekommen, um über ihren Einsatz gegen die geltende Prostitutions-Gesetzgebung zu berichten. Was die Politikerin und Vorstandsmitglied in dem Verein „Sisters“ von Fachleuten aus und um die Prostitution herum erfahren hat – all das hat sie in einem Film unter dem Titel „Freier Wille“ zusammengefasst.


Eine zentrale Person des knapp 44 Minuten langen Werks ist Sandra Norak – sie war über die „Loverboy-Methode“ in die Prostitution gezogen worden, was rein rechtlich betrachtet unter Menschenhandel falle. Norak ist heute Juristin, wurde zuvor aber sechs schreckliche, traumatisierende Jahre im Rotlichtmilieu misshandelt, ausgebeu-
tet, erlebte täglich Gewalt. Sie sagt in dem Film eindeutig: „Ich habe bisher keine Frau getroffen, die freiwillig Sexarbeit verrichtet.“ Die allermeisten Prostituierten würden sich mit Alkohol und anderen Drogen betäuben, auch um die Schmerzen nicht so stark spüren zu müssen, die sie zwangsläufig hätten. Davon berichtet in dem Film der Fach-
arzt für Frauenheilkunde, Wolfgang Heide: „Die meisten Frauen haben Tag und Nacht Schmerzen und auch bleibende Schäden im Unterleib.“ Hinzu komme nach Heides Ausführungen: „Man kann den Körper und die Vagina nicht von der Psyche trennen.“


Und die Freier? „In der Prostitution sind die Frauen gezwungen, zu schauspielern, was aber nicht immer gelingt“, sagt Sandra Norak. „Die allermeisten Freier stört es aber auch nicht, wenn Frauen Schmerzen haben.“ Insgesamt habe sie in sechs Jahren keinen einzigen Freier erlebt, der Menschlichkeit gezeigt habe. Zudem gebe es immer wieder Freier, die den „ungeschützten Verkehr“ wollten – mit der Folge, dass einige Prostituierte schwanger werden. „Oft verschweigen sie die Schwangerschaft“, so der Arzt Heide. „Und es gibt sogar einen Markt für schwangere Prostituierte – wo leben wir nur, dass so was möglich ist“, entsetzt sich der Frauenarzt.


Doch nicht genug der Perversitäten: In Berlin in der Kurfürstenstraße wurden „Verrichtungsboxen“ aufgestellt – eine Toilette, in der auch der Sex durchgeführt wird. Davon berichtet in dem Film der Streetworker Gerhard Schönborn und nennt die Boxen „menschenverachtend“. In dem Berliner Viertel gebe es Straßenabschnitte, die strikt von ungarischen Zuhältern beherrscht werden. Das sei ganz klar organisierte Kriminalität – so wie die allergrößten Teile der Prostitution in Deutschland von Banden organisiert seien. Was dagegen getan werden kann? Mehr Polizei? „Das ist illusorisch“, sagt der ehemalige Oberkriminalrat Helmut Sporer in dem Film. Er spricht von „hochkriminellen Strukturen in der Prostitution“, mit jeder Menge Straftaten im Rotlichtmilieu, mit Zuhälterei und „Menschenhandel in allen Variationen“.


Frauen seien „Eigentum der Zuhälter, das ist Sklavenhandel“. Weit über 90 Prozent der vor allem jungen Frauen kämen aus Osteuropa, vom Balkan, aus Afrika, mit zumeist geringer Schulbildung“. Sie würden nach Deutschland gelockt, „ihre Scham gegenüber ihrem Umfeld zuhause ist viel zu groß, als dass sie zur Polizei gehen würden“.


Die Psychotherapeutin Dr. Brigitte Schmid-Hagenmeyer weiß: „Viele der Frauen haben schon vor der Prostitution physische Gewalt erlebt.“ Sandra Norak sagt: „Im Moment der Gewalt schaltet sich das Bewusstsein ab, man ist wie in Trance.“ Die Psychotherapeutin dazu: „Die Menschen realisieren gar nicht so genau, was da passiert.“


Nach der Filmvorführung berichtete Breymaier, dass die Menschen, die hinter den Bestrebungen für das Nordische Modell und auch für das von SISTERS „brutal viel Gegenwind kriegen“ – von Zuhältern, Bordellbetreibern. Weil die natürlich nicht wollen, dass sich was ändert. „Deutschland ist mittlerweile das Bordell Europas“, so die SPD-
Politikerin. Entsetzen über die Zustände in der Prostitution zeigte sich unter den rund 20 Besucherinnen und Besuchern in der Citykirche: „Hinzu kommt ja, dass junge Männer zur Abi-Feier, zum Junggesellenabschied wie selbstverständlich in den Puff gehen.“ Höchste Zeit also, endlich die Freier zu kriminalisieren, die Prostituierten zu be-
freien – weil das System nur so geändert werden könne, so Breymaier.


Erschreckend sei aber auch die Haltung etwa von Amnesty International oder auch der Aids-Hilfe, die das Nordische Modell rigoros ablehnen. Und: „Es ist doch der Wahnsinn, wenn heute zwölfjährige Jungs sich Hardcore-Pornos angucken und 14jährige Mädchen ihren Frauenarzt fragen, ob sie nicht mehr normal sind, wenn sie keinen
Analverkehr wollen“, so Breymaier. Mit dem Menschenbild, das die Prostitution in Deutschland verbreite, gehen wir als Gesellschaft kaputt.“ Der Reutlinger Paul Rasch berichtete von einer konkreten Prostitutionsszene im „Rattenpark“ vor dem Bahnhof. Er sehe, dass die Frauen dort „verwahrlosen, da bräuchte es eine aufsuchende Sozi-
alpsychiatrie“, forderte Rasch. Monika Barz als Vorsitzende des Reutlinger Bündnisses sagte dazu: „Prostitution ist keine Selbstgefährdung, sondern nach deutschem Recht ein Beruf.“ Das klang ziemlich sarkastisch.

INFO:

Film „Freier Wille“

Der knapp 44minütige Film „Freier Wille“ ist unter diesem Titel mit dem Zusatz „Prostitution“ auf www.youtube.com leicht zu finden. Das Werk hat Leni Breymaier initiiert und durchgeführt, mit Menschen, die sie bei ihrem Kampf für das Nordische Modell, gegen die Prostitution kennengelernt hat.

 

Mit freundlicher Genehmigung

Autor dieses Artikels: Norbert Leister, Freier Journalist (www.norbert-leister.de)

 

 

 




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