Liebesglut und Liebesschmerz - Benefizkonzert zugunsten der Erika-Seeger-Stiftung

Die Erleichterung war ihnen anzumerken, endlich wieder vor Publikum auftreten zu können. Die Sopranistin Ulrike Härter und Pianistin Shoko Hayashizaki strahlten.

 

Ulrike Härter und Pianistin Shoko Hayashizaki

Ulrike Härter und Pianistin Shoko Hayashizaki beim Liederabend - Foto: Kariane Höhn

REUTLINGEN. Die Erleichterung war ihnen anzumerken, endlich wieder vor Publikum auftreten zu können: Sopranistin Ulrike Härter und Pianistin Shoko Hayashizaki strahlten, als sie am Donnerstagabend vor die Besucher im gut gefüllten Spitalhofsaal traten. Um die Liebe ging es in diesem Liederabend auf Einladung der Frauenorganisation Soroptimist Reutlingen. Der Erlös der Veranstaltung kommt der Erika-Seeger-Stiftung zugute, die Krebspatienten am Klinikum unterstützt.


Die Liebe also: Keine Überraschung, dass Schubert den Ausgangspunkt bot, der Großmeister gesungener Emotion. Mit ihm zaubern die beiden gleich Schmetterlingsgefühle in den Saal. In seiner Ode »An Silvia« hüpft die Klavierrhythmik Hayashizakis wie erregter Herzschlag. Und die Stimme Härters wirbelt, hell, rein und freudig durch den Raum.


Anmutige Linien vermag Ulrike Härter zu ziehen, ein fein schimmerndes Timbre zu entwickeln. Doch auch tiefgründige psychologische Studien haben die beiden drauf. Wie Gretchen vom Verlangen nach dem Geliebten überwältigt wird, während im Klavier nervös ihr Spinnrad schnurrt, ist packend umgesetzt.


Auch das Tragische wird greifbar, das im Pianissimo als subtile Verschattung Raum greift: etwa in Gretchens Bitte« in der Kerkerszene; oder im Lied der Mignon aus Goethes »Wilhelm Meister«.


Mit Gabriel Fauré hingegen darf die Liebesglut als sanfter Strom dahinwogen. Fabelhaft, wie Härter den Klang dabei zum Blühen bringt. Wie sie Verträumtes und Nostalgie einströmen lässt. Und wie geschmeidig Hayashizaki den Klavierklang in sanft wogenden Dreiermetren darunterlegt. Was mit Reynaldo Hahn noch romantischer und gefühlsseliger wird. Leicht hätte es sentimental werden können, doch hier atmet es innige Anmut.


Noch mal etwas Poulenc, dann geht’s mit Gershwin in jazznahe Liebesgefilde. Und gleich darauf mit Benjamin Britten in britischen Humor. Was Liebe sei, will Härter mit dem Komponisten wissen – stachelig oder glatt? Und wo man sie finde – unterm Bett oder Hühnerstall? Ein Genuss, wie Härter kabarettistischen Sprechgesang ausbreitet. Wie sie in die Refrains ein Augenzwinkern legt.


Mit William Bolcom darf Härter zum Schluss in die Rolle Amors schlüpfen, der den Alltag aus dem Ruder bringt, vom Verkehrspolizisten an der Straßenkreuzung bis zum »Amen« in der Kirche. Sie hat einen Heidenspaß dabei und lässt den Schalk nur so blitzen. Während die Pianistin dazu lustig Cha-Cha-Rhythmen zucken lässt. In der Zugabe ist mit der »Zueignung« von Richard Strauss nochmal die vollblühende Stimme und das große Gefühl gefragt. (GEA)

 

Mit freundlicher Genehmigung des Reutlinger Generalanzeigers
2.11.2021




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